Fulminanter Heimsieg für Francesco Friedrich zu den BMW IBSF Bob & Skeleton Weltmeisterschaften Altenberg 2020 presented by IDEAL Versicherung: Zusammen mit seinem angestammten Zuverlässigkeitsanschieber Thorsten Margis (SV Halle) holte sich der Olympiasieger seine sechste WM-Goldmedaille im kleinen Schlitten nach 2013 (St. Moritz), 2015 (Winterberg), 2016 (Igls), 2017 (Königssee) und 2019 (Whistler) – also direkt hintereinander, da in den Olympiajahren 2014 und 2018 keine Weltmeisterschaften ausgefahren werden. Damit schrieb Friedrich an diesem Faschingssonntag 2020 Geschichte, vor der sich auch ehemalige Piloten wie Wolfgang Hoppe, Harald Czudaj, Christoph Langen (aktueller Schweiz-Coach) oder André Lange (China) via TV-Bildschirm verneigten. Zu Lange schloss Friedrich nun in Sachen WM-Titel auf.
Der alte und neue Weltmeister vom BSC Sachsen Oberbärenburg war bei seiner „WM daheim“ auch der einzige, der die 126 km/h-Marke knackte – und dies einmal, gleich in Lauf eins, 126,34 km/h waren’s ganz genau. Bei weitaus schlechteren Bedingungen am Sonntag mit reichlich Wasser in der schwierigen 17 Kurven-Bahn erreichte Friedrich schließlich als Einziger die 120 km/h.
Der größte WM-Vorsprung
Der überragende Bob-Pilot der vergangenen Jahre setzte zwischen sich und die Konkurrenz aus dem eigenen Lager satte 1,65 Sekunden – der größte Vorsprung, den er je bei einer WM erzielte – und war im Anschluss natürlich restlos zufrieden. Im ersten Lauf hatte Friedrich mit 54,00 Sekunden sogar einen neuen Bahnrekord aufgestellt, an seine enormen Startzeiten (5,11 in Lauf zwei) kam – wenn überhaupt – nur Johannes Lochner (5,16 in Durchgang zwei) halbwegs heran.
Alle litten mit Nico Walther
Am Vortag hatte es bei gutem Wetter mit kälteren Temperaturen ein viel härteres Eis gegeben, das Lenken gestaltete sich schwieriger. Der zweite WM-Tag brachte zunächst starken Regen und Wind. Das Eis präsentierte sich sehr viel weicher, die Kufen griffen bei weitem besser: „Es ist fast wie Autofahren“, schmunzelte Nico Walther (BSC Sachsen Oberbärenburg), für den es ebenfalls ein Rennen auf der Heimbahn war. Zusammen mit Eric Franke (30) war der 29-Jährige zunächst guter Dinge, am Ende jedoch verständlicherweise untröstlich: Nach den Durchgängen eins, zwei und drei lag er jeweils auf Silbermedaillenkurs, mit gutem Vorsprung auf die weiteren Podest-Kandidaten. Doch im vierten und finalen Lauf klappte es für den früheren Rodler überhaupt nicht mehr – vorbei war die Chance auf den begehrten Podestplatz. „Nur“ Rang 4, die Medaillen waren ihm von Johannes Lochner und Oskars Kibermanis noch weggeschnappt worden.
Nico Walther war hier im Training im Oktober 2019 schwer gestürzt. Aufgrund einer daraus resultierenden Verletzung an der Brustwirbelsäule verpasste er den Saisonstart in Lake Placid (USA), kam jedoch stark zurück und war jetzt, zum Abschluss der Zweier-Saison 2019/20, so nah an WM-Silber. Für Nico Walther insgesamt kein einfacher Winter, der Dresdner war beispielsweise auch in Innsbruck zweimal im Auslauf gestürzt. Doch der Vierer-Bewerb kommt noch, im kleinen Schlitten hatte er möglicherweise eine falsche Kufe gewählt.
Bei der WM im 1.413 Meter langen Eiskanal von Altenberg musste Walther kurzfristig auf seinen ursprünglich gesetzten Anschieber Joshua Bluhm verzichten, der mit Rückenproblemen zu kämpfen hatte. Darum kam spontan BSC-Vereinskollege Eric Franke ins Rennen.
Riesen-Spannung um die Bronzemedaille
Nach Tag eins lagen die vier Lotto-gelben Schlitten voran: Friedrich vor Walther, Lochner und Oelsner. Nach dem dritten Durchgang geriet der 4. Platz von Richard Oelsner (BSC Sachsen Oberbärenburg) und Malte Schwenzfeier (TuS Wiesbaden) in Gefahr. Denn Oskars Kibermanis und Matiss Miknis überholten den Juniorenweltmeister und attackierten sogar Johannes Lochner, der nur noch zwei Hundertstel Vorsprung auf die erfahrenen Letten hatte. Auf Rang 3 lag der Berchesgadener, der am Ende starker Zweiter wurde.
Insgesamt lagen vor dem finalen Durchgang nur 14 Hundertstel zwischen Platz 3 (Lochner) und 5 (Oelsner). Lediglich der Österreicher Benjamin Maier lag mit Markus Sammer weitere gut vier Zehntel hinter Oelsner auf Platz 6 und konnte in den Kampf um die Top-Fünf-Ränge nicht mehr eingreifen.
Starkes Silber für den Gebeutelten
Schließlich holten Johannes Lochner (BC Stuttgart Solitude) und Christopher Weber (BSC Winterberg) auch mit reichlich Wut über den Verlauf dieser Saison Silber, vor dem Letten Oskars Kibermanis/Matiss Miknis (+ 1,79), der ein rein Lotto-gelbes Siegerpodest gerade noch so verhindern konnte.
Johannes Lochner hatte sich intensiv auf die WM im eigenen Land vorbereitet und deshalb auf das Saisonfinale in Sigulda verzichtet. Mit Platz 2 zeigte er sich nach einem auch für ihn nicht einfachen Winter „total zufrieden“ – der Berchtesgadener spricht sogar von seiner schwierigsten Saison überhaupt: „Ich konnte es einfach nicht verstehen, plötzlich nicht mehr fahren zu dürfen.“
Juniorenweltmeister Richard Oelsner ärgerte sich über Platz 5, aber vor allem über sich selbst: „Ich hatte es in der Hand, eine Medaille zu holen und hab’s vermasselt – meine Schuld. Malte kann nichts dafür, er kann nur schieben, sitzen und bremsen.“ Möglicherweise lag’s noch an fehlender Erfahrung, aufs Wetter wollte er den verpassten Podestrang aber nicht schieben:
Bundestrainer René Spies war am Ende zuerst ganz ruhig und bilanzierte hochzufrieden – freilich litt er richtig mit Nico Walther mit: „Natürlich hätten wir ihm die Medaille so sehr gegönnt.“
27 Piloten hatten die WM am Samstag in Angriff genommen, einer wurde disqualifiziert. Die besten 20 starteten am Sonntag noch in den finalen vierten Lauf. Enttäuschend verlief die WM für Top-Mann Justin Kripps (CAN), der mit Cameron Stones lediglich Elfter (+ 2,74) wurde.
Weiter gehts für die Bob-Männer am kommenden Wochenende mit der Vierer-WM – der krönende Abschluss der Saison. Der vierte und finale Lauf wird am Sonntag, 1. März, um 14.30 Uhr gestartet.
BSD / Foto: IBSF | Viesturs Lacis